Das „Husarenstück“ des Geschichtsvereins - Jahreshauptversammlung 2024

Als Husarenstück bezeichnet der Duden einen „tollkühnen Handstreich“. Dies ist vielleicht nicht der eigentliche Stoff, aus dem das Wirken des Geschichtsvereins für den Landkreis Deggendorf gemeinhin gestrickt ist; heuer indes schien der Begriff auf der Jahreshauptversammlung nicht fehl am Platze. Und dies gleich aus zweierlei Gründen: Zum einen bot der Vortrag des 2. Vorsitzenden Johannes Molitor den etwa 60 anwesenden Vereinsmitgliedern sowie Gästen von auswärts eine ebenso detaillierte wie in einen breiteren historischen Kontext eingebettete Darstellung des tollkühnen, gefürchteten und weithin geschmähten Grafen Franz von der Trenck (1711‒1749), der zwar zugegebenermaßen kein Husar war, sondern ein Pandur – aber ein „Pandurenstück“ kennt der Duden eben nur unter anderer Bedeutung. Zum anderen konnte 1. Vorsitzender Dr. Ernst Schütz von den großen Vorhaben des Vereins für das kommende Jahr berichten, darunter nichts geringeres als die Herausgabe des allerersten Beibandes der Geschichtsblätter, dessen Verwirklichung zumindest gefühlt nicht weniger Mut und Aufwand erfordern wird als so manches Gefecht aus der Zeit des Österreichischen Erbfolgekriegs (1740‒1745) in den Breiten unseres Landkreises, in welche Trenck seinerzeit tatsächlich involviert war. Doch der Reihe nach.

Dr. Schütz konnte auch in diesem Jahr neben den zahlreich erschienenen Einzelmitgliedern zahlreiche Vertreter der Kommunen zu diesem überaus wichtigen Termin begrüßen. In seinem Tätigkeitsbericht informierte er mit großer Genugtuung über den vergleichsweise stabilen Mitgliederstand und verwies auf die auch in den vergangenen zwölf Monaten gepflegte Vortragstätigkeit des Vereins. Er gratulierte Molitor zur Verleihung der Goldenen Bürgermedaille der Gemeinde Bischofsmais im vergangenen Dezember sowie zu einem ihm gewidmeten „Bildnis der Heimat“ in der Herbstausgabe der „Schöneren Heimat“ des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, in welchem seine lebenslangen Verdienste um die Heimatforschung ausführlich gewürdigt werden. Einen großen Schlag für den Verein habe demgegenüber der unerwartete und viel zu frühe Tod des früheren 3. Vorsitzenden und Geschäftsführers, Kreisarchäologe a.D. Dr. Karl Schmotz, bedeutet. Schmotz habe gerade am letzten Teil seines so genannten „Lebenswerks“ gearbeitet, einer umfassenden Darstellung der archäologischen Forschung und Denkmalpflege im Landkreis Deggendorf, als ihn sein irdisches Ende ereilte. Das 1000-seitige Werk in zwei Teilbänden spannt einen inhaltlichen Bogen von der Forschungsgeschichte seit Aventin im 16. Jahrhundert über eine Zusammenfassung der Archäologie in den einzelnen Gemeinden hin zu einer gemeindeübergreifenden Darstellung ausgewählter Denkmalgruppen von der Mittel- und Jungsteinzeit bis in die Bronze- und Hallstattzeit, keltische Viereckschanzen, Befestigungen des frühen und älteren Mittelalters, die Kirchenarchäologie sowie hochmittelalterliche Wehranlagen und Schlösser. Nun sei es Aufgabe des Vereins, dieses Erbe zu vollenden und in trockene Tücher zu bringen, was sich jedoch aufgrund der so unverhofften Umstände nicht einfach gestalte. „Wir sind dran“, versicherte Schütz die Anwesenden; man hoffe auf eine Publikation noch im kommenden Kalenderjahr.

Nach der Neuwahl des Vorstands ‒ unter Wahlleitung von Bürgermeister Hans Schmalhofer von Plattling ‒, der in seiner Zusammensetzung komplett bestätigt wurde (1. Vorsitzender Dr. Ernst Schütz, 2. Vorsitzender Johannes Molitor, 3. Vorsitzender Florian Jung, Schriftführer Christian Knödl, Schatzmeister Jürgen Fröbus – kooptiert Anja Fröhlich, Greta Butuci, Prof. Dr. Lutz Dieter Behrendt, Sven Fiedler, Dr. Roman Weindl und Manfred Sailer), präsentierte Kreisheimatpfleger Florian Jung einige geschickt ausgewählte Bestände aus der Frühzeit der Kreisheimatpflege. Recht deutlich konnte er dabei aufzeigen, wie sehr sich der Zeitgeist zugunsten der Denkmalpflege, v.a. im bäuerlichen Umfeld gewandelt hat und das Schaffen seines Vorgängers Georg Loibl noch echte Kärrner- und Pionierarbeit war. Mit seinem Vortrag über Trenck setzte Molitor dem Abend schließlich die Krone auf. Aus den authentischen Quellen selbst geschöpft, verstand er es, dessen Rolle im ostbayerischen Raum mit einem klaren Schwerpunkt auf dem heutigen Landkreisgebiet derart faszinierend in Szene zu setzen, dass alle Anwesenden gebannt bis zuletzt seinen Ausführungen lauschten. Gleich ob der anschauliche Fokus auf Johann Georg Käsers zeitgenössisches Gemälde „Der Bayerische Krieg 1740‒1745“ mit einer Collage der Ereignisse von Deggendorf bis Vilshofen oder der auszugsweise Blick in das Tagebuch des Niederaltaicher Abtes Marian Pusch: Der Pandur erhielt im Rahmen seiner historiographischen Entzauberung (unter den 45.000 habsburgischen Soldaten der Militärgrenze zum Osmanischen Reich bildeten die Panduren z.B. nur einen winzigen Bestandteil, und recht viel grausamer als die restlichen Truppen waren sie wohl auch nicht) gleichzeitig ein überaus menschliches Angesicht – und dies sogar buchstäblich in Form einer forensischen Gesichtsrekonstruktion zuzüglich Angaben zu seinem Körperbau und seiner Schuhgröße, nämlich einer bescheidenen 40. Manchmal sind die historischen Fußstapfen dann halt doch nicht so groß wie gemeinhin kolportiert …

Das „Husarenstück“ des Geschichtsvereins - Jahreshauptversammlung 2024
Das „Husarenstück“ des Geschichtsvereins - Jahreshauptversammlung 2024
Das „Husarenstück“ des Geschichtsvereins - Jahreshauptversammlung 2024
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