40 Jahre Geschichtsverein - Eine Jubiläumsfeier mit besonders großem Anklang
Über 100 Mitglieder und Freunde des Geschichtsvereins für den Landkreis Deggendorf hatten sich im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes Deggendorf eingefunden, um das 40-jährige Jubiläum des Vereins festlich zu begehen. Unter ihnen waren die Vertreter der Kommunen, die selbst Mitglieder des Vereins sind, wie Deggendorfs 2. Bürgermeister Günther Pammer, der Bürgermeister von Winzer, Jürgen Roith, und der stellvertretende Bürgermeister von Hengersberg, Karl-Heinz Seidl. Besonders herzlich begrüßt wurde auch Frau Marlene Karl, die Witwe des langjährigen Vereinsvorsitzenden, Landrat Dr. Georg Karl. Der Vorstand hatte mit Bedacht den 40. Jahrestag der Vereinsgründung zu einem besonderen Ereignis gemacht, weil erstens keiner der Vorläufer des Geschichtsvereins dieses Alter erreicht hatte und zweitens noch Zeitzeugen vorhanden waren, die die Anfangsjahre des Vereins erlebt hatten.
Zugleich nutzte der Verein die Feier, um seine Verbundenheit mit verwandten Vereinen, mit denen schon seit längerer oder kürzerer Zeit Austauschbeziehungen bestehen, zu vertiefen. Noch nie hatten sich in Deggendorf so viele Vorsitzende und Vertreter anderer Geschichtsvereine versammelt wie an diesem Tag. Der Vorsitzende des Deggendorfer Vereins, Dr. Ernst Schütz, konnte nicht nur den Vorsitzenden des Gesamtvereins deutscher Geschichts- und Altertumsvereine, Dr. Johannes Mötsch, und den Vorsitzenden des Verbandes bayerische Geschichtsvereine, Prof. Dr. Manfred Treml, sondern auch die 1. bzw. 2. Vorsitzenden des Historischen Vereins für Niederbayern (Dr. Martin Rüth, Leiter des Staatsarchivs Landshut), des Historischen Vereins für Regensburg und Oberpfalz (Dr. Tobias Appl), des Vereins für Ostbairische Heimatforschung Passau (Dr. Helmut Böhm), des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung (Studiendirektor a.D. Alfons Huber), des Kultur- und Geschichtsvereins Vilshofen (Erika Schwitalla und Dr. Herbert Wurster), des Historischen Vereins Falkenfels (Harry Stretz), des Arbeitskreises Heimatgeschichte Mitterfels (Elisabeth Vogl) und des Geschichts- und Kulturvereins Eging am See (Daniela Voggenreiter) begrüßen.
Der eigentlichen Festveranstaltung ging ein ökumenischer Gottesdienst für die verstorbenen Mitglieder des Vereins in der Pfarrkirche St. Martin voran, eindrucksvoll gestaltet von den Pfarrern Franz Reitinger und Hans Greulich. Sie gingen sowohl auf den Buß- und Bettag, auf den die Festveranstaltung fiel, als auch auf die Verantwortung des Historikers ein. Besonders gedachten sie des verstorbenen langjährigen Vorsitzenden und Inspirators des Vereins, Landrat Dr. Georg Karl, dessen Name auch während der Festveranstaltung immer wieder fiel.
Die ersten Höhepunkte der Feier waren die sehr persönlich gehaltenen Grußworte der Ehrengäste, allen voran von Staatsminister Bernd Sibler, der selbst dem Deggendorfer Verein als Mitglied angehört. Er betonte, welche wertvollen Anregungen ihm die vom Verein herausgegebenen „Deggendorfer Geschichtsblätter“ schon während seines Geschichtsstudiums gaben, und würdigte den Beitrag des Vereins zur Entwicklung des Geschichtsbewusstseins in der Region. Es komme darauf an, historische Fragen immer wieder neu zu stellen und die Erkenntnisse zu vertiefen.
Prof. Treml, der schon 2016 und 2018 auf den Jahreshauptversammlungen weilte, unterstrich seine Nähe zu Niederbayern und ging der Frage nach: „Warum beschäftigen wir uns mit der Geschichte, opfern dafür unsere Lebenszeit“. Im Rückblick auf die Autoren der Antike betonte er die Lehren, die aus der Geschichte gezogen werden können, und den Zusammenhang zwischen Heute – Gestern –Morgen, die historische Bedingtheit gegenwärtiger Prozesse. Alles das gelte auch für die regionale Geschichte.
Für Dr. Mötsch war der Auftritt in Deggendorf einer seiner ersten Amtshandlungen. Auch er verwies auf langjährige Verbindungen zu Deggendorf und zum anwesenden Dr. Wurster, mit dem er gemeinsam auf der Archivschule in Marburg war.
Der stellvertretende Landrat Josef Färber, der als der Gastgeber besonders begrüßt worden war, stellte die enge Bindung des Geschichtsvereins an den Landkreis in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Das Landratsamt sei die „gefühlte Schaltzentrale des Geschichtsvereins“. Landrat Dr. Georg Karl als langjähriger Vorsitzender, die Kreisarchäologen Dr. Karl Schmotz und Stefan Hanöffner, die Kreisheimatpfleger Georg Loibl und Florian Jung, der Eisenbahnhistoriker Bernhard Rückschloss waren bzw. sind Mitarbeiter des Landratsamtes und selbst die Postadresse des Vereins sei hier.
Absoluter Höhepunkt waren die lebendigen Erinnerungen von Johannes Molitor an die Anfänge des Geschichtsvereins. Er schilderte anschaulich und mit Anekdoten gespickt, wie er selber zum Geschichtsverein fand, wie der Umschlag des „Geschichtsblätter“ entworfen wurde, welche Schwierigkeiten anfangs die Suche von Autoren bereitete, wie um den wissenschaftlichen Anspruch der Vereinspublikationen gerungen wurde, welche Persönlichkeiten eine besondere Rolle im Verein spielten.
Da die Festveranstaltung mit der Jahreshauptversammlung verbunden war, durften der Rechenschaftsbericht für die Jahre 2018/2019 und auch der Finanzbericht nicht fehlen. Der Verein hat einen stabilen Mitgliederstand, zu Beginn der Versammlung waren es 354 Mitglieder. Während der Versammlung traten drei neue bei, darunter Pfarrer Reitinger.
Dr. Schütz hielt anschließend einen Vortrag über „Unser Geschichtsverein als Teil einer lebendigen Geschichtswissenschaft zwischen Regensburg und Passau“. Das umfangreiche Programm des Abends wurde durch die Vorführung eines alten Films aus dem Jahre 1956 über das Deggendorfer Volksfest und die 1. Niederbayerische Leistungsschau mit der Originalkommentierung durch den damaligen Oberbürgermeister Dr. Hans Krämer aufgelockert.
Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch Band 41 der „Deggendorfer Geschichtsblätter“ vorgestellt und den Ehrengästen überreicht. Natürlich konnten auch die Mitglieder ihr Exemplar gleich mitnehmen. Es handelt sich um einen Themenband anlässlich des 40. Gründungstages des Geschichtsvereins für den Landkreis Deggendorf unter dem Titel „Der Raum Deggendorf in der Geschichtsschreibung von 1800 bis heute“. Insgesamt enthält er 15 Beiträge von 12 Autoren. Sie behandeln einheimische Pioniere der historischen Forschung im Kloster Metten, aus dem Klerus der Diözese Passau sowie als Einzelpersönlichkeiten Dr. Georg Ratzinger und Michael Waltinger. Es wird die Herausbildung und Geschichte Historischer Vereine in Deutschland, an der Donau zwischen Regensburg und Passau und speziell in Deggendorf untersucht. Ausgewählte Einzelbetrachtungen gibt es zur Historiographiegeschichte der „Deggendorfer Gnad“, zum böhmischen Volkskundler Josef Blau, zum „Historischen Atlas“ über das Landgericht Deggendorf und zum Deggendorfer Stadtarchiv. Im Abschnitt über den Umgang mit der heimatgeschichtlichen Forschung wird auf die Vermarktung von Heimatgeschichte und sehr ausführlich auf die Denkmalpfleg im Landkreis Deggendorf eingegangen, ergänzt durch persönliche Erinnerungen des ehemaligen Generalkonservators des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Dr. Egon Johannes Greipl, über seine Begegnungen mit der Region Deggendorf. Wertvoll ist die umfangreiche Bibliographie zur Landkreisgeschichte, die zu allen Landkreisorten die wichtigsten Veröffentlichungen anzeigt. Der 484 Seiten starke Band ist im Deggendorfer Buchhandel für 24,95 Euro zu haben.
Der Festabend klang, wie es Josef Färber in seinem Grußwort gewünscht hatte, „in froher, motivierender, harmonischer“ Atmosphäre bei einem gemeinsamen Büffet mit anregenden Gesprächen aus.