Demokratiegeschichte einmal anders: Jugendarbeit steht im Focus
Am 4. Februar 2019 wird der Bayerische Landtag den 200. Jahrestag seiner feierlichen Eröffnung durch König Max I. Joseph begehen. Mit der Verfassung des Jahres 1818, der seinerzeit modernsten im ganzen deutschen Raum, war die Einführung eines proto-demokratischen Gremiums gelungen, welches als der direkte Vorläufer des heutigen Landtags gilt: die Kammer der Abgeordneten. Damals noch eingeteilt in verschiedene Klassen und nicht von allen Untertanen wählbar (von Frauen ganz zu schweigen), so wurde dennoch erstmals dem königlichen Souverän eine aus Wahlen hervorgegangene politische Institution an die Seite gestellt, welche die Politik des Landes aktiv mitzugestalten vermochte.
Bei der Erinnerung an seine historischen Wurzeln stößt der demokratisch legitimierte Landtag des Jahres 2018 jedoch rasch an seine eigenen Grenzen: Während die Literatur zu den bayerischen Königen, Regenten und anderen Mächtigen beinahe ganze Bibliotheken füllt, sind die Namen der allerersten Abgeordneten des Jahres 1819 sogar für Historiker erst einmal nicht viel mehr als eine Reihe von Fragezeichen. Sogar im demokratischen Rechtsstaat, von dessen Vorzügen heute jeder wie selbstverständlich profitiert, scheinen diese Pioniere unserer eigenen Lebenswelt weitaus weniger wert zu sein als vergangener monarchischer „Ruhm“, als Beispiele für Führungsstärke und ein wie auch immer gearteter „nationaler“ Stolz.
Wo also anpacken, um endlich auch einmal der anderen Seite der historischen Medaille etwas Aufmerksamkeit zu verschaffen? Die Antwort ist, wie so oft, am leichtesten dort zu finden, wo die Blicke noch unverstellt sind: bei unserer Jugend. Das Haus der Bayerischen Geschichte, der Verband bayerischer Geschichtsvereine und die bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit haben deshalb ein Projekt auf den Weg gebracht, mithilfe dessen ausgewählte Persönlichkeiten der ersten Kammer der Abgeordneten erforscht und dargestellt werden sollen und an welchem sich bayernweit über ein Dutzend allgemeinbildende und weiterführende Schulen beteiligen. Im Raum Deggendorf sind dies, unter Betreuung des Geschichtsvereins für den Landkreis Deggendorf, das Comenius-Gymnasium mit einem Beitrag über Benedikt Ritter von Poschinger (1785–1856) sowie das Robert-Koch-Gymnasium mit einer Darstellung Johann Nepomuk von Pelkhovens (1763–1830), welche beide seit 1819 – nachdem es die heutigen Wahlkreise damals noch nicht gab – den „Unterdonaukreis“ (heute: Bezirk Niederbayern) in München vertraten.
In der vergangenen Woche fanden nun erste Dreharbeiten für die Verfilmung des Lebens des Freiherrn von Pelkhoven statt. Von seiner adeligen Herkunft sowie seinem Geburtsjahr her betrachtet eigentlich ein Repräsentant des 1806 untergegangenen „Alten Reiches“, hatte der junge Pelkhoven dennoch sehr früh, beeinflusst durch das Zeitgeschehen im revolutionären Frankreich und aufgeklärt von Hause aus, demokratische Werte in der Politik eingefordert. Als Illuminat aus dem Umfeld des berühmt-berüchtigten Prof. Adam Weishaupt von der Landesuniversität Ingolstadt sowie als Verfasser einer Kampfschrift unter dem Titel „Beytrag zur Apologie der baierischen Demokraten“ (1802) war er wiederholt beim bayerischen Kurfürsten in Ungnade gefallen, bevor ihm die neue Zeit und die neue Verfassung genau jenes Tätigkeitsfeld eröffneten, in das er passte und für das er innerlich brannte. Weil nun leider die Gemäuer des Landtages von einst den Bomben des Zweiten Weltkriegs zum Opfer gefallen sind, begaben sich die Schülerinnen und Schüler des Robert-Koch-Gymnasiums nach Schloss Wildthurn bei Landau an der Isar, wo Pelkhoven seinen Familiensitz hatte und wo Teile seines Lebens verfilmt werden sollen. Zusammen mit ihrem Lehrer Dr. Ernst Schütz, zugleich 1. Vorsitzender unseres Vereins, wurde die vom Schlossherrn, Christoph Lermer, bereitwillig zur Verfügung gestellte Location genutzt, um sowohl im Innen- als auch im Außenbereich die vom Drehbuch vorgesehenen Rückblenden zu erstellen. Möglichst historisch korrekt und authentisch, sowie optisch untermalt durch die kostenlos zur Verfügung gestellten Kostüme aus dem Fundus des Laienschauspiels Niederbayern in Mainkofen, wurden die Entstehung und Entwicklung seines Gedankenguts sowie seiner Persönlichkeit in Szene gesetzt – die BBC selbst wäre wohl neidisch geworden beim Anblick der Dreharbeiten. Und wer’s nicht glauben will, dem sei versichert: Pünktlich zum Jubeltag soll der Film veröffentlicht werden. Wollen Sie nicht auch einen Blick reinwerfen? Nichts anderes als Demokratiegeschichte einmal ganz anders …