Jahreshauptversammlung 2016 blickt dankbar zurück und selbstbewusst nach vorn

Eine ganze Menge vorgenommen hatte sich der Vorstand des Geschichtsvereins für die diesjährige Jahreshauptversammlung: Sowohl die neue Vereins-Homepage als auch die auf Vereinsinitiative durch die Marktgemeinde Metten gegründete Mettener Topothek sollten den Mitgliedern und der Öffentlichkeit vorgestellt werden (wir berichteten). Mit Unterstützung von Herrn Sebastian Schweiger aus Essenbach, einem erfahrenen Programmierer, kam hinter der alten, mittlerweile etwas in die Jahre gekommenen Homepage wiederum ein kleines Juwel zum Vorschein, das insbesondere durch seine zahlreichen Verlinkungsmöglichkeiten sowie durch seine umfassende Bibliographie zur Landkreisgeschichte hervorsticht. Ankündigungen und Bericht können nunmehr zeitnah und immer aktuell die Mitglieder des Vereins erreichen. Durch eine entsprechende Eingabemaske ist es nun künftighin sogar möglich, sich auch auf digitalem Wege über Neuigkeiten und anstehende Veranstaltungen informieren zu lassen. Besonders pfiffig bietet sich die Version für’s Smartphone dar, wodurch die Homepage auch pflegeleicht jederzeit mobil aufgerufen werden kann – Badewanne inklusive, soweit Sie sich das trauen. Die über 65 anwesenden Mitglieder quittierten diese Neuerung mit anhaltendem Applaus. Herrn Dr. Johann Alzinger, dem Schöpfer der ersten Vereins-Homepage vor 16 Jahren, wurde gleichfalls gedankt für seine unerschöpfliche, ehrenamtliche Betreuung dieser Webseite, mit der der Verein damals erstmalig die digitale Welt betreten hatte.

Nicht minder staunenerregend gestaltete sich die Freischaltung der Topothek Metten, die bereits mit über 100 Aufnahmen aus der Zeit zwischen 1887 und den 1980er Jahren gefüttert und verschlagwortet worden ist. Mag. Alexander Schatek aus Wiener Neustadt, der als Begründer und Betreiber der in Österreich bereits in dutzenden Gemeinden einschlägigen Topothek extra zu diesem Anlass nach Metten angereist war, stellte gemeinsam mit dem nunmehr offiziellen Mettener Topothekar Thomas Resch (seines Zeichens außerdem Ortsheimatpfleger sowie Vorsitzender des Heimatvereins Metten) diese neueste Topothek vor – die zudem die erste auf Kommunalebene in der gesamten Bundesrepublik ist, und damit auch ein Stück Pionierarbeit. Mit gefesselten Blicken folgten die Anwesenden der Darstellung und Nutzbarkeit dieses neuen Bilderfundus, der sowohl für wissenschaftliche als auch für volkskundliche, nicht zuletzt aber auch für ganz private Interessen genutzt werden kann. Die Topothek soll natürlich ganz besonders in den Bereichen Genealogie und Ortsgeschichte weiterhelfen, aber auch Spezialisten zu ausgefallenen Themen (z.B. Oldtimer-Fans oder Modehistoriker) können hier in Hülle und Fülle fündig werden. Die bedeutendste Neuerung dieses Unternehmens besteht aber eindeutig darin, dass die Bevölkerung dazu ermuntert werden soll, selbst Film- und Fotomaterial beizubringen und durch nicht-archiviertes, persönliches Wissen zur Sicherung und zur nachhaltigen Verfügbarkeit von Heimatgeschichte beizutragen. Es war dies wohl der bislang innovativste Schachzug, der für die Aufarbeitung unserer Landkreisgeschichte gelungen ist.

Neben diesen beiden Hauptthemen des Abends kam aber auch die Rückschau auf die „normalen“ Vereinsaktivitäten nicht zu kurz. Das gemeinsam mit der Volkshochschule Deggendorfer Land erarbeitete Programm und die Ausgabe 36 (2014) der Deggendorfer Geschichtsblätter stießen jeweils auf ein großes Echo. Dieser Umstand mag zum einen der diesmal intensivierten Bewerbung in der Presse sowie zum anderen den erstmals in den Tageszeitungen abgedruckten Begleitartikeln zu den Einzelbeiträgen in den Geschichtsblättern geschuldet sein; in der Gesamtschau muss aber auch festgehalten werden, dass vor allem die Entwicklung neuer Formate wie etwa der Reihe „Wallfahrten im Landkreis Deggendorf“ sowie der grundsätzlich wissenschaftliche Gehalt der für die Geschichtsblätter eingeworbenen Beiträge unter steter Maßgabe der Zielgruppenorientierung für sich sprechen. Dass letztere im Rahmen des alljährlichen (wenn auch nicht vom Verein ausgehenden) Niederbayerischen Archäologentages deutlich über unsere Mitglieder hinausreichen kann, dafür zeichnet weiterhin unser treuer Geschäftsführer Dr. Karl Schmotz verantwortlich. Die Außenbeziehungen des Geschichtsvereins pflegte die Vorstandschaft vor allem anlässlich des alljährlich stattfindenden Tages der bayerischen Landesgeschichte, die 2014 in Regensburg und 2015 in Ingolstadt stattfanden. An diesen Terminen findet zudem jeweils die Jahreshauptversammlung des Verbandes bayerischer Geschichtsvereine e.V. statt, dem unser Verein angehört. Die bereits beschriebene enge Kooperation mit der Stadt Deggendorf fand ihren weiteren Ausdruck in den Feierlichkeiten zum 700. Jahrestag der Verleihung bzw. Bestätigung der Stadtrechte durch Herzogin Agnes am 21. Januar 2016. Beim abendlichen Festakt im Saal des Alten Deggendorfer Rathauses hielt unser kooptiertes Vorstandsmitglied Prof. Lutz-Dieter Behrendt einen beeindruckenden Festvortrag, der die Stadtrechtsverleihung souverän und allgemein nachvollziehbar in ihren historischen sowie dynastischen Kontext einbettete.

Ein besonders Vergnügen bereitete der Vorstandschaft zuletzt die Verleihung der Ehrennadel des Verbands bayerischer Geschichtsvereine an unseren Ehrenvorsitzenden Dr. Georg Karl sowie an unser kooptiertes Vorstandsmitglied Prof. Dr. Lutz-Dieter Behrendt durch den Verbandsvorsitzenden Prof. Dr. Manfred Treml. Die Ansprache des Verbandsvorsitzenden anlässlich dieser Verleihung soll im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben werden:

Die Ehrennadel, die der Verband im Jahre 2008 eingeführt hat, wird an langjährige Mitglieder historischer Vereine verliehen, die verantwortungsvoll in Vorstand oder Beirat mitgewirkt haben und sich um ihren Verein in besonderem Maße verdient gemacht haben. Der große Historiker Franz Schnabel hat 1952 zum hundertjährigen Jubiläum des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine das Lob der historischen Vereine gesungen und ihnen damit ein würdiges Denkmal gesetzt: „Es ist der Ruhm unserer Vereine, dass ihnen die Beschäftigung mit der Geschichte niemals Selbstzweck und niemals ein müßiges Spiel gewesen ist. Immer war es ein echtes Bedürfnis des Lebens, wenn in einer Stadt, einem Kreise, einer Provinz, einem Territorium Männer und Frauen, die im Leben standen, sich zusammengeschlossen haben im gemeinsamen Interesse an der Geschichte der Heimat …“
Die im Verband bayerischer Geschichtsvereine zusammengeschlossenen etwa 230 Vereine, Institute und Kommissionen lassen sich ganz in diesem Sinne als „Kompetenzzentren für Geschichtsbewusstsein“ und als vielleicht wirksamste Lobby für Landes- und Regionalgeschichte in Bayern und Deutschland darstellen. Als überlebensfähige Kinder der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts und wertvolle Produkte einer fruchtbaren Bürgerkultur sind sie nach wie vor wichtige Garanten für regionale Identität. Ohne das bildungsbürgerliche Engagement der Historischen Vereine nämlich sähe unsere regionale Kulturlandschaft sehr viel bescheidener aus, wäre es um die Geschichtskultur unseres Landes und das Geschichtsbewusstsein seiner Bürger weitaus schlechter bestellt.

Deshalb brauchen wir dieses bürgerliche Engagement auch weiterhin – vielleicht sogar dringender denn je, um auch unseren Kindern ein heimatliches und kulturell vielgestaltiges Bayernland zu erhalten. Und wir brauchen Menschen, Bildungsbürger, die sich dafür einsetzen, Zeit opfern, Ideen kreieren, Netzwerke spinnen, Geld beschaffen, Vorträge und Führungen organisieren, Beiträge schreiben und Exkursionen gestalten, etc. etc. etc.
Ich freue mich daher sehr, dass ich als Vorsitzender dieses Verbandes mit den Herren Dr. Karl und Prof. Dr. Behrendt zwei Persönlichkeiten auszeichnen darf, die sich zu diesem gemeinsamen Zweck zusammengefunden und wertvolle Beiträge dafür geleistet haben, obwohl ihre Lebensläufe unterschiedlicher nicht sein könnten.

Ich beginne mit Herrn Landrat a.D. Dr. Georg Karl, dem Gründungs- und Ehrenvorsitzenden des Geschichtsvereins für den Landkreis Deggendorf e.V. Die Ehrennadel des Verbandes würdigt seine außerordentlichen Verdienste um die Entstehung und Entwicklung des „Deggendorfer Geschichtsvereins“ und um die Geschichtskultur im gesamten Landkreis. Das Fundament war gut bei diesem Altmettener – wie mein Vater übrigens auch und auch mein Doktorvater Karl Bosl. Wer übrigens Pater Wilhelm Fink als Lehrer genießen durfte, der war wohl nachhaltig infiziert mit dem historischen Virus. Den Lehrern zum Trost sei angemerkt, dass offensichtlich nicht alles verloren ist, was sie ihren Zöglingen beizubringen versuchen.
Dr. Karl war kaum Landrat geworden, da richtete er die Stelle eines Kreisarchäologen ein, zur damaligen Zeit eine Innovation von höchstem Grade. Die Auswirkungen kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Der Landkreis Deggendorf wurde zum archäologischen Forschungszentrum und zum Mekka der regionalen Archäologie – und ist es bis heute geblieben. Und gleich im nächsten Zuge sorgte er für die Gründung eines neuen Geschichtsvereins, nachdem der frühere von Pater Wilhelm Fink geführte nicht mehr bestand. Schon bei der Gründungsversammlung 1979 wurde er zum 1. Vorsitzenden gewählt und er blieb es bis 2006 – eine Beständigkeit, vor der man nur den Hut ziehen kann. Und er sorgte in diesen 27 Jahren für seinen auf Stadt und Landkreis bezogenen Verein mit all seinen Möglichkeiten, von der Mitgliederwerbung bis hin zur finanziellen Unterstützung. Seine vielen anderen Ämter und Ehrungen will ich hier gar nicht erwähnen. Sie steigern meinen Respekt vor den Vereinsaktivitäten Dr. Karls nur noch, weil der Stellenwert, den er der Geschichtsvermittlung einräumte, erst auf diesem Hintergrund voll einzuschätzen ist. Ohne ihn, das kann man ohne Übertreibung feststellen, wäre dieser Geschichtsverein nicht entstanden und hätte sich nicht zu dieser beeindruckenden Einrichtung der regionalen Geschichtskultur entwickelt, die heute auch mit durchaus wegweisenden Initiativen aufwarten kann. Der Verband der bayerischen Geschichtsvereine ist Ihnen, sehr verehrter Herr Dr. Karl, zu großem Dank verpflichtet, und ich zeichne Sie daher mit großer Freude mit der Ehrennadel des Verbandes aus.
Ich darf als zweiten, leider nur in absentia, Herrn Prof. Dr. Lutz-Dieter Behrendt würdigen. Der Verband verleiht ihm die Ehrennadel des Verbands für seine kompetente und engagierte Mitwirkung in der Schriftleitung der Deggendorfer Geschichtsblätter seit 2001 und seine wertvollen wissenschaftlichen Beiträge zur Geschichte von Stadt und Landkreis.

Ein Blick auf die Lebensgeschichte ist bei ihm besonders aufschlussreich. 1941 im altmärkischen Salzwedel geboren, machte er nach dem Studium der Geschichte, Slavistik und Pädagogik in Jena, Promotion und Zusatzstudium in Moskau eine wissenschaftliche Karriere an der Universität Leipzig und wurde in der DDR mehrfach mit hohen Auszeichnungen bedacht. Nach der Wiedervereinigung fand er noch Beschäftigung in einigen Projekten an der Universität Leipzig, wurde aber 1999 arbeitslos. In diesem Jahr kam er mit seiner Familie nach Deggendorf und übernahm statt über sein Schicksal zu klagen im dortigen Stadtarchiv eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle und wurde zwei Jahre später zweiter Schriftleiter der Deggendorfer Geschichtsblätter. Von Anfang an stürzte er sich kompetent und mit Eifer in die Regionalgeschichte, so dass er heute bereits eine stattliche Liste von einschlägigen Aufsätzen vorlegen kann, deren wissenschaftliche Qualität außer Frage steht und deren thematische Breite bewundernswert ist. Seit 1999 bereichert er so die Forschung zur Stadt- und Landkreisgeschichte mit kontinuierlichen und profunden Beiträgen. Deggendorf, so kann man sagen, hat einen weiteren Stadthistoriker gefunden, von dem noch einiges zu erwarten ist. Herr Prof. Behrendt ist damit auch ein lebendiges Beispiel für eine gelungene Integration, die ihn vom DDR-Lehrstuhl bis hin zur Deggendorfer Regionalgeschichte führte. Sein Engagement zeugt zugleich auch von der integrierenden und identitätsstiftenden Kraft unserer Vereine, die Menschen zusammenbringen und ihnen auch Räume zur Selbstverwirklichung anbieten.
Für diese Gesamtleistung zeichnet der Verband bayerischer Geschichtsvereine Herrn Prof. Behrendt mit seiner Ehrennadel aus und würdigte damit seinen wertvollen Beitrag, den er als Autor und Schriftleiter für die Geschichte von Stadt und Landkreis Deggendorf geleistet hat.

Titelabbildung von links nach rechts: 1. Vorsitzender Dr. Ernst Schütz, P. Markus Haering OSB von der Abtei Metten, Altlandrat und Ehrenvorsitzender Dr. Georg Karl, Sebastian Schweiger, Kreisheimatpfleger und 3. Vorsitzender Florian Jung, Mag. Alexander Schatek (Wiener Neustadt), Ortsheimatpfleger und Topothekar Thomas Resch aus Metten, Verbandsvorsitzender Prof. Dr. Manfred Treml sowie 1. Bürgermeister Erhard Radlmeier von Metten. Foto: Neuhofer

Jahreshauptversammlung 2016 blickt dankbar zurück und selbstbewusst nach vorn
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