Johannes Molitor mit Kulturpreis des Landkreises Deggendorf ausgezeichnet
Der starke Akzent auf Kultur und Kulturvermittlung, den der ehemalige bayerische Kultus- und Wissenschaftsminister Bernd Sibler bei seiner Wahl zum Landrat mit ins neue Amt gebracht hat, äußerte sich am 19. Mai 2023 recht farbenfroh in Form der erstmaligen Verleihung des ›Kulturpreises des Landkreises Deggendorf‹. Mit den Worten „Zeit is‘ wor’n!“ eröffnete die Moderatorin des Abends, Musikerin Monika Drasch, die Veranstaltung im Rokoko-Festsaal der Benediktinerabtei Metten – eine Einschätzung, die der Geschichtsverein aufrichtig teilt, zählt doch auch der Landrat zum Kreise seiner Mitglieder. Ein besonderes Anliegen sei es ihm, so Sibler, nach der Corona-Pandemie Kunst und Kultur (wieder) an die Öffentlichkeit zu bringen und dabei aufzuzeigen, wieviel doch der Landkreis gerade in diesem Bereich durch seine aktiven, meist ehrenamtlich arbeitenden Bürgerinnen und Bürger beizusteuern habe. 67 Künstlerinnen und Künstler bzw. Kulturschaffende waren im Vorfeld für die sieben veranschlagten Preiskategorien vorgeschlagen worden: Musik (klassische Musik, volkstümliche Musik, Kirchenmusik, Pop, Rock, Jazz) ‒ Darstellende Kunst (Theater, Ballett, Tanz, Kabarett und Kleinkunst) ‒ Bildende Kunst (Bildwerke, Malerei, Zeichnung, Graphik, Fotografie, Medienkunst) ‒ Literatur, Film, Kino ‒ Brauchtum, Heimat- Landes- und Denkmalpflege ‒ Kulturorganisation und Kulturvermittlung (Kulturvereine, Veranstalter, Bildungseinrichtungen) ‒ Kulturnachwuchs (Kulturschaffende bis 30 Jahre). Dazu gesellt sich ein Sonderpreis des Landrats für außergewöhnliche und besonders zu honorierende Leistungen. Dotiert ist der Kulturpreis mit jeweils 500 Euro. Jeder Preisträger erhält eine von Künstlerhand in der Region gefertigte Glasskulptur mitsamt Urkunde.
Besonders freut es den Geschichtsverein für den Landkreis Deggendorf, dass sich unter den vorgeschlagenen Preisträgern einer der Ihren befindet, nämlich sein 2. Vorsitzender Johannes Molitor, der für die Kategorie „Brauchtum, Heimat-, Landes- und Denkmalpflege“ nominiert worden war. Viel Zeit und einen langen Atem brauche man für seine herausragende Leistung, nämlich die Gründung und über 40 Jahre lang betriebene Herausgabe der „Deggendorfer Geschichtsblätter“, so Monika Drasch, eine ehemalige Schülerin Molitors aus Niederalteicher Zeiten. In seiner kurzen Dankesrede bekräftigte der pensionierte Studiendirektor gegenüber Sibler, den er ebenfalls bereits aus dessen Schulzeit am Deggendorfer Comenius-Gymnasium kennt, wie wichtig ein solcher Preis auch künftig für den Landkreis sei. Trefflich fügte sich der Termin zudem dem 80. Geburtstag Molitors, den dieser drei Tage zuvor im Kreise seiner Familie begehen hatte dürfen, so dass der Preis nicht nur eine Würdigung seines Lebenswerks darstellt, sondern auch gleich ein kleines Geburtstagsgeschenk obendrein. So erscheint ein kleiner Rückblick auf seinen Lebensweg an dieser Stelle nicht nur erlaubt, sondern vielmehr sogar angebracht:
Johannes Molitor hatte nach dem Abitur den Entschluss gefasst, in die Landeshauptstadt München zu gehen, um an der Ludwig-Maximilians-Universität Geschichte und Englisch für das Lehramt an Gymnasien zu studieren. Beide Studienfächer weckten in ihm eine Faszination, die den Blick in die Vergangenheit mit dem Blick nach außen sowie nach vorne in idealer Weise zu vermengen wusste und ihn für einige Zeit zum Studium auch nach Großbritannien trieb. In Verfolgung seiner historischen Studien erkannte er aber recht bald den besonderen Stellenwert der bayerischen Landesgeschichte für sein eigenes Geschichtsverständnis; bei niemand anderem als dem damaligen Grand Doyen der Landesgeschichte, dem Altmettener Prof. Dr. Karl Bosl (1908‒1993) vom Institut für Bayerische Geschichte der LMU, war er deshalb im Doktorandenseminar.
Sein damaliger Themenschwerpunkt sollte sich für Molitor als richtungsgebend für seinen weiteren Lebenslauf erweisen: Nicht nur im Geiste zogen ihn seine Forschungen von München in den barocken Kosmos des Klosters Niederaltaich unter dessen berühmtem Abt Joscio Hamberger (1700‒1739), sondern, ebenso wie bereits Hamberger vor ihm, auch physisch. Unmittelbar nach dem Referendariat und seiner ersten Planstelle am Gymnasium Zwiesel trat er seinen Dienst am St.-Gotthard-Gymnasium der Benediktiner an und fand hier eine neue Heimstätte. Beginnend mit weiteren Studien zur Klostergeschichte, die sogar Eingang in die renommierte „Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte“ fanden, entwickelte er dort sein Forschungsinteresse rasch weiter und bezog die Umgebung des Klosters in seine Studien mit ein. Als sich dann im November 1979 auf Initiative von Landrat Dr. Georg Karl (1936‒2019) der „Deggendorfer Geschichtsverein“ (seit 1985 „Geschichtsverein für den Landkreis Deggendorf“) gründete und sich an die Herausgabe eines eigenen Vereinsorgans wagen wollte, wurde Molitor gemeinsam mit Hans Kapfhammer (1921‒2010) nicht nur dessen Konzipierung, sondern auch gleich die Schriftleitung angetragen: niemand würde es besser gelingen, den Bürgerinnen und Bürgern von Stadt und Landkreis Deggendorf die Möglichkeit zu geben, „sich mit der Heimat, ihrer Vergangenheit und Gegenwart zu identifizieren, sich zu ihr zu bekennen, in ihr zu leben und für sie zu arbeiten“ (Vorwort Dr. Karl zur ersten Ausgabe 1981). Auf wissenschaftlicher Basis, doch zugleich mit Abbildungen illustriert, haben es die „Deggendorfer Geschichtsblätter“ in bis heute 44 Nummern auf insgesamt etwa 12.000 Seiten geschafft, mit einem thematisch wie zeitlich breiten Spektrum, von der Steinzeit bis zur Zeitgeschichte reichend, eine nicht minder breite Nachfrage zu befriedigen und die Zahl der Vereinsmitglieder konstant hoch zu erhalten. Die Zahl seiner eigenen Beiträge, die daneben auch in „Der Bayerwald“, den „Ostbairischen Grenzmarken“, der „Schöneren Heimat“ des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege sowie in der Presse zu finden sind, ist Legion und behandelt neben dem Landkreis in seiner Gänze auch immer wieder einzelne Orte; exemplarisch seien hier nur genannt seine bekanntesten Werke über Auerbach, Außernzell, Deggendorf, Edenstetten, Hengersberg, Moos, Niederalteich, Niederpöring, Plattling und Winzer. Bei seinen tschechischen Forscherkollegen gilt er darüber hinaus als der Fachmann schlechthin im Bereich der Altwegeforschung im Bayerischen Wald und im Böhmerwald, insbesondere mit Blick auf den Böhmweg. An diesem umfassenden Engagement sollte schließlich auch sein Wechsel an das staatliche Comenius-Gymnasium in Deggendorf nichts ändern, wo er als geschätzter Kollege die Fachschaft Geschichte mit ebenso viel Kompetenz wie Hingebung leitete und bis zu seiner Pensionierung das Feuer der geschichtlichen Neugier weiter zu entfachen wusste.
Doch ist der für den Landkreis unentbehrliche, ehrenamtliche Forscher und Publizist Molitor auch immer Mensch geblieben. Mit seiner vielgeliebten, indes vor langen Jahren verstorbenen Gattin erwarb er ein ländliches Anwesen in Ritzmais, gleich hinter der Landkreisgrenze, wo er seine Lust am Landleben verwirklicht hat. Bis heute ist er Herr über allerlei Getier, dem er seine Liebe und Aufmerksamkeit unbeirrt zukommen lässt; so gleicht ein Besuch bei Molitor dem Betreten des Gartens Eden – nur die Schlange wird man dort vergebens suchen. Viel Zeit opferte er der Sanierung des Tierheims des Tierschutzvereins für den Landkreis Regen, sowie nicht minder der edlen Sangeskunst, nämlich als Leiter von „Amaryllis“, einem kleinen Chor, der sich besonders der europäischen Renaissancemusik widmete. Wer ihn einmal in Aktion erlebt hat, wird dieses Gesangserlebnis nicht mehr vergessen. Mitnichten muss es also überraschen, dass Molitor bereits mit mehreren Auszeichnungen versehen wurde, darunter neben der „Regener Lilie“ auch mit dem Deggendorfer Bürgerbrief, mit der Verdienstmedaille des Bundespräsidenten sowie mit der begehrten Aventinus-Medaille des Verbandes bayerischer Geschichtsvereine, die einst sein verehrter Lehrer Prof. Bosl ins Leben gerufen hatte.
Derzeit arbeitet Johannes Molitor – soweit es seine Tiere und der Zeitdruck gestatten – an einem Beitrag über den aus Deggendorf stammenden Kaiserlichen Hof-Kontrollor Caspar Aman (1616‒1699) in Österreich, an einer Studie über den Einsiedler Hermann von Niederaltaich, sowie wohl auch an etlichen anderen Projekten, um die er nicht viel Aufhebens macht. Weitere Vorträge und Exkursionen befinden sich gerade in Planung, und soweit es nach der Zunft der Geschichtskundigen geht, wird er damit wohl auch nicht so schnell aus der Pflicht entlassen werden: Alle erwarten und erhoffen sich noch die große Synthese seiner umfassenden Forschungsergebnisse, für die ihm noch viele weitere Jahre der Gesundheit und Arbeitskraft zu wünschen sind!